Bericht von Andreas „Ritzi“ Ritzenhoff
Das diesjährige Sommertrainingscamp in Oldenburg begann am Mittwochabend bei Grill und Gesprächen – nicht mit einem Wettkampf wie im letzten Jahr. Mit Han Holtslag, Larissa Droogendijk, Chris Wiltsch, Rick Liesting, Agnes Garves und Organisator Andreas „Ritzi“ Ritzenhoff waren insgesamt sechs Athletinnen und Athleten gespannt, was Coach Frank van Ravensberg ihnen abfordern würde.
Die alkoholischen Getränke blieben vorsichtshalber im Kühlschrank, während beim Fleisch ordentlich zugelangt wurde – schnell noch Substanz aufzubauen erschien allen eine sinnvolle Idee angesichts des Trainingsplanes für die nächsten Tage: Morgens stand immer eine Intervalltrainingseinheit, gewürzt mit vielseitigen Technik-/Kraft- und Koordinationselementen und einer abschließenden wettkampfnahen Belastungsspitze auf dem Programm, während abends in ruhigem Tempo die Ausdauer entwickelt werden sollte.
Han – wie immer technikaffin – berichtete von seiner neuen Anschaffung: Einer elektronischen Einlegesohle, die über Drucksensoren die Einschätzung des Gehstiles (inklusive Flugphase und sogar Kniestreckung!) ermöglichen soll und dies mittels Leuchtdioden am Schuh direkt anzeigen könnte.
Zeigen zukünftig Gehrichter also eine Kelle, wenn es am Schuh rot leuchtet? Ritzi war begeistert und wollte das gleich am nächsten Abend ausprobieren.
Donnerstag, 1.8.
Doch zunächst ging es am Donnerstagmorgen zum „Heuveltraining“ – wer glaubte, Oldenburg sei topfeben, sah sich angesichts einer genau 1km langen (künstlichen) Steigung entlang einer Autobahnbrücke eines Besseren belehrt. Für die Geher/innen ideal, um Abdruck und Armarbeit zu verbessern. Nach einigen Wiederholungen wurde klar, warum Larissa als Spezialistin der Ultralangstrecken von 80km (und mehr!) zu Beginn witzelte, dass sie „der Diesel“ unter den Geherinnen sei – während die anderen (bei Bergaufintervallen von 6:00 min und deutlich drunter) schon schwer schnauften, kam sie erst so richtig auf Betriebstemperatur. Immerhin schaffte Chris beim abschließenden „1km-Bergauf-Jagdgehen“ noch eine Nettozeit von ca. 5:10 min und hängte damit (in Abwesenheit von Rick) alle anderen ab.
Oldenburg ist recht nah an der niederländischen Grenze und so gibt es eine kleine Galerie deutsch-niederländischer Künstler/innen. Noch am Eingang entwickelten Rick und Han eine handfeste Museumsphobie („Wir gehen ins Cafe!“), während Frank gleich mit dem in Oldenburg lebenden niederländischen Galeristen vertieft ins Gespräch kam und die anderen sich wunderten, warum ausgerechnet das kleinste aller Bilder fast 1000Euro teurer war als alle anderen. Nach der Wiedervereinigung im Cafe Extrablatt (spätestens nächstes Jahr bekommt der Erdbeerbecher Kultstatus!) ging es auch schon wieder zum Umkleiden ins Hotel.
Bald darauf traf sich die Geherschar am Ruderclub, um die abendliche Runde an Hunte und Küstenkanal zu absolvieren, es wäre auch zügig losgegangen, wenn nicht…ja wenn nicht Han und Ritzi ewig an ihren Schuhen herumgebastelt hätten! Kurz bevor die Stimmung kippte, gab Frank das Signal zum Aufbruch und die beiden mussten wohl oder übel folgen, ob die Sensoren nun blinkten oder nicht.
Die meisten Kilometer machte Frank, der zwischen den Gruppen mit dem Fahrrad hin- und herfuhr, um von Zeit zu Zeit etwas zu trinken anreichen zu können und auch Rick ging so manche Extrawende, damit am Ende alle einigermaßen gleichzeitig ankamen. Ritzi wird wohl nie erfahren, ob er an dem Abend Flugphase hatte, die Aufzeichnungsdatei blieb leider leer. Geschwitzt haben alle nach den knapp 10km trotzdem.
Freitag, 2.8.
Am nächsten Morgen an der Uni-Sportanlage wurde schnell klar, dass jetzt Schluss mit lustig war. Nach gut neunzigminütigem Aufwärmen mit Koordination, Technik- und Gehsprintübungen rief Frank zum 2-Meilen-Jagdgehen; um den Wettkampfcharakter zu unterstreichen, hatte er gleich auch zwei gelbe und eine rote Kelle mitgebracht.
Während Rick (mit einer Einheit weniger in den Beinen) sich nicht lange bitten ließ und in neuem (inoffiziellen) niederländischen Rekord von 13:11,67 fast noch die 10min vor ihm gestartete Larissa eingeholt hätte, erlebten Han und Ritzi ihr persönliches Waterloo und kamen in der Jagdwertung als Letzte ins Ziel – sie konnten die Schuld noch nicht mal auf die Schuhe schieben! Chris holte sich zwar als Einziger eine Kelle ab, war aber über 3218m (17:24,54) hervorragend aufgelegt und fast so schnell wie einige Wochen zuvor beim 3000m-Wettkampf in Best (17:20,53).
Am Nachmittag holte Agnes, die zum zweiten Mal! den langen Weg aus Stuttgart angetreten hatte, den Galeriebesuch nach und brachte beim Abendtraining voll motiviert ordentlich Schwung in die müde Truppe. Nach den Erfahrungen vom Vorabend ging es jetzt eine asphaltierte 1,5km-lange Pendelstrecke auf und ab. Nach dem Aufwärmen wurde fleißig eine Stunde lang ein- und überholt, abgeklatscht und gequatscht. Am Ende standen ca. 12 km zu Buche, die keinem so richtig wehgetan haben dürften.
Samstag, 3.8.
Schwer bepackt kam die Crew pünktlich um 10 Uhr am Unisportplatz an. Franks Trainingsgestaltung ist sehr vielseitig und so stand nach Aufwärmen und Technikübungen von Rick ein materialaufwändiges Circuittraining auf dem Programm, das alle gehrelevanten Muskelgruppen forderte!
Obwohl nach dem Durchgang alle schon einigermaßen nass waren, ging es jetzt erst richtig los! Die Aufgabe war, sich 45min lang durch insgesamt 7 Stationen zu würfeln (Station 1 bis 6 wurde gemäß der Würfelaugenzahl „angegangen“, die 7. Station, wenn an einer Station die gleiche Zahl nochmal gewürfelt wurde.
Mit dem Laufzettel (pardon: „Gehzettel!“) in der Hand gehsprinteten sechs wildgewordene Athlet/innen die 20 bis 50m voneinander entfernten Stationen an und machten für jedes erreichte Ziel ein Kreuz. Ein volles Set von allen 7 Stationen gibt 20 Punkte, unvollständige Sets 1 Punkt je Kreuz…am Ende gaben alle die sehr mitgenommen wirkenden Zettel voller bunter Kreuze zur Auswertung ab – Chris in glänzender Sommerform gewann mit furiosen 529 Punkten (=25 vollständige Sets plus 29 weitere Punkte) und verwies Ritzi und Rick damit auf die Plätze.
In der Freizeitgestaltung ging die Gruppe diesmal getrennte Wege – während die einen sich die Oldtimer-Automobilshow reinzogen, trafen sich die anderen mit Familie Schusters (Alemannia Aachen), die nach dem Ausflug zur U20-DM im heißen Ulm (Timo in 56:01min) nun Trainingslager-Urlaub an der Nordseeküste machten und zu einem Sightseeing-Nachmittag in Oldenburg vorbeischauten.
Wie im Vorjahr durfte am Abend eine Einheit am Bürgerfelder Teich nicht fehlen. Nach einer Aufwärmung im Bürgerbusch bearbeitete die Gruppe eine Stunde lang den ca. 800m langen geschotterten Rundweg, bis auf Rick, der lernte lieber auf Asphaltstrecken die Umgebung kennen und fand ein nettes Cafe – aber „natürlich“ ging er nur dran vorbei!(?).
Dass es in einem Trainingslager mit der Verfassung auf und ab gehen kann, zeigte sich auch an diesem Abend wieder. Han machte einen deutlich frischeren Eindruck als am Tag zuvor und auch Ritzi drückte von Beginn an aufs Tempo und wurde von Runde zu Runde schneller. Chris hingegen ließ schnell abreißen, pflückte lieber ein paar Brombeeren und gesellte sich dann zu Agnes, die von ihrer Dynamik vom Vortag nichts verloren hatte. Am Ende kam Rick dazu und zog Ritzi zu einer dynamischen letzten Runde (insgesamt 12 Runden in 60:15min). Larissa war etwas enttäuscht, dass es schon zu Ende ging, schließlich war sie „gerade erst warm“, wollte denn aber doch nicht zu Fuß ins Hotel zurück.
Der anstrengenden Einheit folgte die Gesamtsiegerehrung der drei Wettkampfchallenges mit Chris und Larissa als Siegern. Erinnerungs-T-Shirts gab es aber für alle, an den Größen haperte es etwas, hoffentlich laufen sie beim Waschen nicht noch ein…
Sonntag, 4.8.
Frühmorgens ging die Abschiedseinheit am Huntedeich entlang – das war wie die Schlussetappe der Tour de France, niemand gab mehr so richtig Gas. So wurden in lockerem Tempo die Trainings der letzten Tage ausgewertet. Agnes genoss nochmal das Flachlandtraining und Han gefiel besonders der tolle Asphalt – durch den neuen Zaun konnten die Deichschafe ihre Hinterlassenschaften nicht mehr auf den Weg entsorgen – im letzten Jahr war noch deutlich mehr Wachsamkeit vonnöten gewesen!
Am Ende verabschiedeten sich alle mit ganz viel Dankbarkeit für Coach Frank, der für vier tolle Trainingstage gesorgt hatte und sich nun leider aus dem Gehsport zurückziehen wird. Einig waren sich alle, dass sie das Sommertrainingslager in Oldenburg trotzdem gerne im nächsten Jahr wiederholen möchten!